Gedenktag 10. Mai 1933 Bücherverbrennung
Zu Beginn der KV-Sitzungen in unserer Gemeinde gibt es den Punkt: „Impuls“. Bei diesen Impulsen wird häufig etwas vorgelesen. Warum tun wir das? Weil wir lesen können. Weil wir bei der Auswahl unseres Lesestoffs fast keine Begrenzungen haben.
Am 10. Mai wurde der 90. Jahrestag der Bücherverbrennung begangen, der am 10. Mai 1933 in Deutschland stattfand. Dieser Jahrestag ist der offizielle Gedenktag, obwohl nicht der erste Tag, wie weiter unten im Text zu lesen ist, an dem Bücherverbrennungen in der Nazizeit vorkamen.
Heinrich Heine, dessen Schriften die Nationalsozialisten ebenfalls verbieten ließen und verbrannten, legte bereits 1820 seinem Protagonisten Hassan in dem Trauerspiel "Almansor" eine düstere Prophezeiung in den Mund: "Das war ein Vorspiel nur. Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen." Diese Worte sollten sich in Deutschland wenige Jahre nach 1933 auf furchtbare Weise bewahrheiten.
Am 10. Mai 1933 beginnen die Nazis die Kampagne "Wider den undeutschen Geist". Tausende Bücher vor allem jüdischer Autoren, aber auch anderer politisch unliebsamer Schriftsteller, werden verboten und öffentlich verbrannt.
Doch schon am 7. und 8. März 1933 gab es in Dresden erstmals wilde Verbrennungsaktionen. „Dresden war auf diese Weise ein Impulsgeber und Transmissionsriemen der Kampagne für die von den Nationalsozialisten orchestrierten Bücherverbrennungen im Mai 1933“, so Kulturbürgermeisterin und zweite Bürgermeisterin Dresdens, Annekatrin Klepsch.
SA-Trupps zündeten am 7. März 1933 Bücherstapel unter anderem aus den Beständen der einstigen Volksbuchhandlung auf der Großen Meißner Straße an, dann wieder am 8. März am Wettiner Platz, am Verlagshaus der einstigen „Dresdner Volkszeitung“. Verbrannt wurden Zeitschriften, Zeitungen und Belletristik, Werke von verfemten Autoren, aber auch Flugblätter und Akten.
Mit den Bildern von brennenden Büchern auf dem Berliner Opernplatz und in anderen deutschen Städten ist der 10. Mai 1933 als Datum der nationalsozialistischen Bücherverbrennung und Propaganda-Aktion „wider den undeutschen Geist“ in das kollektive Gedächtnis eingegangen. An diesem Tag wurden von nationalsozialistischen Studenten Tausende von Büchern öffentlich verbrannt, darunter Werke von Autoren wie Heinrich Heine, Thomas Mann, Erich Kästner und Kurt Tucholsky. Die Aktion war Teil einer groß angelegten Propagandakampagne der Nationalsozialisten, um die „Reinheit“ der deutschen Kultur und Identität zu betonen und jegliche abweichende Meinungen oder Ideen zu unterdrücken.
Erich Kästner hört auf dem Berliner Opernplatz seinen Namen und sieht seine Bücher brennen mit Schlachtrufen wie “Gegen Dekadenz und moralischen Verfall! Für Zucht und Sitte in Familie und Staat! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Heinrich Mann, Ernst Glaeser und Erich Kästner”. Auch die Hetzrede von Goebbels lässt er über sich ergehen. "Ich habe Gefährlicheres erlebt, Tödlicheres - aber Gemeineres nicht", wird Kästner später schreiben. Ihm sei damals klar geworden: "Die Flammen dieser politischen Brandstiftung würden sich nicht löschen lassen."
Weiter schreibt er: "Im Jahre 1933 wurden meine Bücher in Berlin auf dem großen Platz neben der Staatsoper von einem gewissen Herrn Goebbels mit düster-feierlichem Pomp verbrannt. Vierundzwanzig deutsche Schriftsteller, die symbolisch für immer ausgetilgt werden sollten, rief er triumphierend bei Namen. Ich war der Einzige der vierundzwanzig, der persönlich erschienen war, um dieser theatralischen Frechheit beizuwohnen. Ich stand vor der Universität, eingekeilt zwischen Studenten in SA-Uniform, den Blüten der Nation, sah unsere Bücher in die zuckenden Flammen fliegen und hörte die schmalzigen Tiraden des kleinen abgefeimten Lügners. Es war widerlich ..." Aber Kästner erinnert sich auch an die Situation selbst. Vergleicht die Situation mit einem Boxkampf. Er habe zwar auch gekämpft, doch nur in Gedanken. "Ich war nur passiv geblieben. Ich hatte angesichts der Scheiterhaufen nicht aufgeschrien. Ich hatte nicht mit der Faust gedroht. Ich hatte sie nur in der Tasche geballt."
In zahlreichen deutschen Universitätsstädten karren die Nazis an diesem Tag tausende Bücher aus öffentlichen und privaten Bibliotheken zusammen und verbrennen sie auf öffentlichen Plätzen. Insgesamt sind Bücher von mehr als 300 Philosophen, Wissenschaftlern, Lyrikern, Romanciers und politischen Autoren betroffen - ein "Holocaust of Books", wie die amerikanische Illustrierte "Newsweek" damals schreibt.
Beteiligt an den Bücherverbrennungen sind neben einfachen Bürgern vor allem Studenten, aber auch Rektoren und Professoren der Universitäten. Man versammelt sich am Berliner Opernplatz (dem heutigen Bebelplatz), am Wilhelmsplatz in Kiel, am Greifswalder Marktplatz, an der Bismarcksäule in Hannover und in weiteren Universitätsstädten. In Hamburg findet die Verbrennung wegen starken Regens erst am 15. Mai am Kaiser-Friedrich-Ufer statt. Bis in den Juni hinein dauern die Aktionen an, die von sogenannten Feuersprüchen begleitet werden, in denen nacheinander jeweils ein Rufer einzelne Autoren verunglimpft.
Wie schon erwähnt ist in Berlin am 10. Mai der Reichspropagandaminister Joseph Goebbels selbst anwesend und erklärt das "Zeitalter eines überspitzten jüdischen Intellektualismus" für beendet. Der studierte Germanist Goebbels, der seine Doktorarbeit bei einem jüdischen Professor schrieb, gibt damit den Weg für die Vernichtung Hunderter "undeutscher" literarischer Werke frei. Weit mehr als 20.000 Bücher kommen allein in Berlin bei den Sammelaktionen zur Bücherverbrennung zusammen.
Die Bücherverbrennungen war ein erster Triumph für die Politik der "Gleichschaltung" und Unterdrückung der freien Meinung. Zugleich waren sie Höhepunkt der Kampagne "Wider den undeutschen Geist" mit der die vom NS-Studentenbund dominierte Deutsche Studentenschaft ab März 1933 begann, jüdische und politisch missliebige Schriftsteller zu verfolgen – wohin es letztendlich führte, hatte Heinrich Heine ja schon 1820 prophezeit.
Ein Fazit kann und soll hier nicht gezogen oder angeboten werden; es kann jeder für sich überlegen, wo wir heute stehen.